Wahlprüfsteine BTW 2021

Wir vom Orgateam haben alle demokratischen Parteien, die derzeit im Bundestag vertreten sind, angefragt, um uns anhand von drei Wahlprüfsteinen ihre Position zu aktuellen PiA-Themen zu erläutern. Von der SPD, der FDP und den Linken haben wir bereits Antworten erhalten. Vielen Dank dafür! Von der CDU und den Grünen haben wir bislang leider keine Antworten auf unsere Fragen erhalten, werden diese aber umgehend hier veröffentlichen, falls sie nachgereicht werden.

1) Wie werden Sie eine angemessene Vergütung der PiA nach Grundberuf sicherstellen?Psychotherapeut*innen in Ausbildung (PiA) sollen einen eigenständigen und einklagbaren Vergütungsanspruch in der ambulanten Ausbildung erhalten, der deutlich über den bereits geregelten 40 Prozent der Vergütung der von ihnen geleisteten Krankenbehandlungen liegt. Dafür stellen wir einen Individualanspruch der Psychotherapeut*innen in Ausbildung sicher, sodass die Vergütung direkt an die PiAs ausgezahlt wird.In der Psychotherapieausbildungsreform ist einiges schiefgelaufen, daher haben wir uns bei dem Gesetz enthalten. Die Finanzierung des neuen Studiums und der Weiterbildung ist nach wie vor ungeklärt. Auch die im Gesetz vorgesehene Übergangsregelung von 1000€ für eine Vollzeitstelle als PiA ist ungenügend. Sie betrifft nur einen Teil der praktischen Tätigkeit und findet keine Antwort auf den sozialrechtlichen Status der PiA, wodurch deren präkere Bedingungen auch nach der Reform bestehen bleiben. Bereits in der letzten Legislaturperiode haben wir uns für Nachbesserungen in der Übergangsregelung und klarere finanzielle Rahmenbedingungen für PiAs eingesetzt. Die Umsetzung der Reform liegt jetzt bei den Universitäten und Landesbehörden. Es muss sichergestellt werden, dass Psychologen in Aus- und Weiterbildung sowie approbierte Psychotherapeuten entsprechend ihres Qualifikationsniveaus und ihrer Verantwortung vergütet werden.DIE LINKE fordert schon lange eine Vergütung von Psychotherapeut*innen in Ausbildung nach ihrem Grundberuf. Die Länder kommen ihren Investitionskosten in den Krankenhäusern nicht nach, so dass diese aus den Betriebskosten Gelder verschieben (müssen). Viele Einrichtungen unterlaufen Tarifverträge und lassen bspw. Psychotherapeut*innen in Ausbildung Aufgaben von Psycholog*innen übernehmen, ohne diese als solche zu bezahlen. Insbesondere in privaten Häuser verschärfen sich diese Probleme auf Grund der Renditeerwartungen ihrer Anteilseigner:innen noch einmal. Was die Investitionskosten angeht, fordern wir seit über zehn Jahren in den Haushaltsberatungen des Bundestags, dass der Bund auf jeden zusätzlich investierten Euro der Länder einen Euro drauflegt – bis zu 2,5 Mrd. Euro jährlich für zehn Jahre. Mit unseren Steuerplänen hätte der Fiskus jedes Jahr knapp 36,8 Mrd. Euro mehr (vgl. Leibniz-Institut für Europäische Wirtschaftsforschung, 2021); so wären Mehrausgaben u.a. im Bereich Gesundheit leicht zu finanzieren. DIE LINKE fordert außerdem eine betriebskostendeckende Finanzierung der Krankenhäuser durch die Krankenkassen und damit u.a. die Abschaffung der DRGs. Unser Modell der solidarischen Gesundheitsversicherung („Bürgerversicherung“) entlastet ca. 80% der aktuell gesetzlich, wie auch knapp 50% der aktuell privat Versicherten, und würde dennoch viele Mrd. Euro mehr in die GKV bringen (vgl. Rothgang & Domhoff, Uni Bremen, 2021). Gute Arbeit und gute Gesundheitsversorgung gehören für uns zusammen.
2) Wie werden Sie die bestehende Finanzierungslücke in der Weiterbildung beheben, sodass eine Vergütung analog zu den Ärzt*innen über alle Weiterbildungsabschnitte für die dann approbierten Psychotherapeut*innen sichergestellt ist?Im stationären Bereich werden wir die Mindestvergütung deutlich anheben. Die Refinanzierung für die Kliniken wird sichergestellt.
Psychotherapeut*innen in Weiterbildung müssen im stationären wie im ambulanten Bereich der Facharztausbildung gleichgestellt und tariflich entlohnt werden.
Wie gesagt, Vergütung muss sich nach Qualifikationsniveau und Verantwortung richten. Demnach liegt es nahe, dass die kommenden Psychotherapeutinnen in Weiterbildung analog an den Assistenzärzten in der Psychiatrie bezahlt werden. Am Ende gilt jedoch Tarifautonomie und das Aushandeln von Tarifverträgen ist ein wesentlicher Zweck der Tarifparteien. Die Vereinbarungen finden autonom, frei von staatlicher Einflussnahme, statt.
Um den Berufsstand der Psychologen und Psychotherapeuten zu stärken, wollen wir mehr Studienplätze für Psychologie und Psychotherapie schaffen.
Wir verweisen hier auf die ausführliche Antwort zu Finanzierungsfragen des Gesundheitswesens in Frage 1; mit einer Investitionsunterstützung des Bundes und einer Reform der Krankenversicherung können wir unseren Vorstellungen nach die Finanzierungslücke für die neue Weiterbildung schließen.
3) Die Aus- und Weiterbildung gewährleistet eine hohe Qualität und Sicherheit für die Patient*innen. Wie wollen Sie sicherstellen, dass die Patient*innen einen leichten Zugang zu einer wissenschaftlich fundierten Psychotherapie erhalten können und nicht aufgrund langer Wartezeiten Behandler*innen ohne Approbation und Fachkunde aufsuchen müssen (u.a. Heilpraktiker*innen)?Das vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) in Auftrag gegebene Gutachten aus dem Jahr 2018 hat einen erheblichen Mangel an Kassensitzen für Psychotherapeut*innen und damit einen deutlichen Handlungsbedarf aufgezeigt. Die 776 neuen Sitze, die im Jahr 2019 zugelassen wurden, sind weitaus zu wenig. Darum werden wir uns dafür einsetzen, dass ein neuer Auftrag an den G-BA gegeben wird, die Bedarfsplanungsrichtlinie dahingehend zu überarbeiten, dass die Schaffung der benötigten Anzahl an Psychotherapeut*innensitze sichergestellt wird.

Zudem muss es eine transparente Übersicht über den tatsächlichen Bedarf insbesondere auch über die bei den Kassen laufenden und abgeschlossenen Verfahren zur Kostenerstattung geben.
Das Fundament einer guten ambulanten psychotherapeutischen Versorgung ist ein schneller Zugang. Eigentlich stehen genügend absolvierte Psychotherapeuten zur Verfügung, um dem Versorgungsproblem zu begegnen, sie müssten nur zur Versorgung der gesetzlich Versicherten zugelassen werden.
Das Kostenerstattungsverfahren ist oft ein langwieriger, bürokratischer Prozess, der immer häufiger abgelehnt wird.
Menschen in Not zu Psychotherapeuten ohne Therapiekapazitäten zu schicken, wie es die Terminservicestellen praktizieren, ist nicht sinnvoll.
Die Bedarfsplanung muss also dringend verbessert werden,
um den konkreten regionalen Bedarf zu adressieren.
Die Wartezeit auf einen Psychotherapieplatz muss auf 2 Wochen reduziert werden! Dafür wollen wir Anzahl der Kassensitze für Psychotherapeuten deutlich erhöhen.
Langfristig sollte
die Zulassungsbeschränkung für Psychotherapeuten ganz abgeschafft werden, ähnlich wie bei den Zahnärzten.
Durch einen schnelleren Zugang zur psychotherapeutischen Behandlung können nicht nur individuelles Leiden, sondern auch die volkswirtschaftlichen Kosten durch lange Krankschreibungen und Erwerbsminderungsrenten reduziert werden.
Neben den Kassensitzen wollen wir auch
Schulpsychologische Beratungsangebote ausbauen. Schulsozialarbeiter sollen an jeder Schule verfügbar sein. Wir wollen Kindern und Jugendlichen bereits in Kindergärten, Schulen und in der Ausbildung einen gesunden Lebensstil vermitteln, dazu gehört natürlich auch die Förderung von psychischer Gesundheit. Wir fordern eine bundesweite Aufklärungskampagne zur Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen, denn die psychische Gesundheit ist eine wesentliche Voraussetzung für Lebensqualität, Leistungsfähigkeit und soziale Teilhabe. Durch die Förderung von psychischer Gesundheit und Prävention wird die Gesellschaft sensibilisiert und Einzelnen kann schneller geholfen werden.
Wir geben Ihnen Recht, die psychotherapeutische Versorgung deckt in vielen Regionen bei Weitem nicht den Bedarf. Die Bedarfsplanung muss gerade in diesem Bereich dringend überarbeitet werden. Auch die Finanzierung der Therapie muss den Bedarf decken. Wir brauchen mehr Kassensitze für Psychotherapeut*innen. Wir wollen die Bedarfsplanung insgesamt reformieren und gemeinsame Planungsgremien auf Landesebene unter Beteiligung von Patient*innenvertretung, Ländern und Kommunen, den Leistungserbringer*innen wie Psychotherapeut*innen und Ärzt*innen, Krankenhäusern und Krankenkassen einrichten. Des Weiteren wollen wir neue Versorgungsformen etablieren und unterstützen Modellprojekte wie die bestehenden und entstehenden Stadtteilgesundheitszentren und Polikliniken, an denen auch Psychologische Psychotherapeut*innen beteiligt sind. Damit sie ihren Anspruch an eine integrierte, multiprofessionelle und sozialraumorientierte Versorgung erfüllen können, setzen wir uns für die Einführung einer neuen Form von Leistungserbringung im Sozialgesetzbuch ein.